Demonstration vor dem Landtag

© Jugendforum Falkensee/Lennart Meyer

Veröffentlicht am 30. September 2020:

Spendensammlung für Geflüchtete auf Lesbos

Jugendforum sammelt beim letzten Freiluftkino Spenden für STAND BY ME LESVOS

Infolge des Großbrandes und der damit verbundenen Zerstörung des Flüchtlingslagers Moria auf der griechischen Insel Lesbos hat sich das Jugendforum Falkensee entschieden, auf der achten und letzten Vorführung des Jugendforum Sommerkinos im Gutspark, Spenden für die geflüchteten Menschen auf Lesbos zu sammeln, die bei dem Brand ihr ganzes Hab und Gut verloren haben. Insgesamt kamen so 500 Euro zusammen, die nun an die griechische Organisation STAND BY ME LESVOS übergeben wurden.

Das zerstörte Camp

Seit 2015 existierte das Flüchtlingslager Moria auf der Insel Lesbos, nahe der türkischen Grenze. Ursprünglich war das Lager für etwa 2.800 Personen ausgelegt. Jedoch wurde diese Grenze bereits kurz nach der Eröffnung überschritten und die Zustände im Lager wurden schnell chaotisch. Unter anderem gab es 2016 einen Brand, der etwa 60 Prozent des Lagers zerstörte und auch danach brannte es mehrmals. Immer wieder gab es aufgrund der Überfüllung, den fehlenden hygienischen Einrichtungen und fehlender medizinischer Versorgung, schlechter Versorgung mit Nahrung und zuletzt aufgrund von Corona-Infektionen Unruhen, bei denen seit 2016 mehrere Menschen starben. Zeitweilig lebten etwa 20.000 Menschen, also etwa sieben Mal so viele Menschen wie vorgesehen, in dem Lager, zuletzt etwa 13.000. „Die Situation war bereits vor dem Brand nicht auszuhalten.“, schildert Charlotte Lang vom Jugendforum Falkensee. „Mehr als 160 Personen mussten sich eine Toilette teilen, eine Dusche für mehr als 200 Personen. Und Wasser gab es auch viel zu wenig. 1300 Personen teilten sich einen Wasserhahn. Dass alles vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie ist absolut unverantwortlich. Sowohl von der griechischen Regierung, aber auch von allen EU-Staaten, die um die Lage auf den griechischen Inseln wissen.“ 

Das Camp

Seit März gab es eine strikte Ausgangssperre, die den Flüchtlingen verbat, das Lager zu verlassen. Nur Arzt- oder Anwaltbesuche waren noch erlaubt. Trotzdem wurden im September 35 Menschen positiv auf die Virusinfektion SARS-CoV-2 getestet. In der Nacht vom 08. auf den 09. September gab es einen großen Brand, der 80 Prozent des Lagers zerstörte. Die meisten Geflüchteten verloren dabei die letzten Gegenstände, die sie noch besaßen, dazu Papiere und ihre Behausungen. Wie es zu dem Brand kam, ist bisher noch nicht geklärt worden. „Eine Diskussion über die Täter bringt uns jetzt allerdings nicht voran. Die Menschen dort leiden unter traumatischen Erfahrungen. Und während sich bei uns über die Maskenpflicht in Läden und im ÖPNV beklagt wird, sind die Geflüchteten seit März in einem viel zu kleinen Camp ohne eine ausreichende Versorgung eingesperrt.“, erklärt Anaïs von Fircks vom Jugendforum.

Die Flüchtlinge leben seitdem auf der Straße, es kam zu Auseinandersetzung mit der Polizei, die Tränengas auch gegen Kinder einsetzte und viele Menschen wurden in das neu eingerichtete Camp in Kara Tepe gebracht. Doch auch dieses ist mittlerweile gefüllt. Mehr als 9.000 Personen leben im für maximal 10.000 Personen ausgelegten Lager. Es fehlen fließendes Wasser zum Trinken oder Duschen, auch die medizinische Grundversorgung und Essen sind knapp. „Die Berichte aus Moria haben uns bereits im letzten Jahr erschüttert. Ich selbst war Anfang des Jahres auf Lesbos, habe dort geholfen und war erschüttert von den Zuständen. Eigentlich wollten wir bereits im März Aktionen starten.“, erklärt Maha Rafati vom Jugendforum und fügt hinzu: „Doch durch Corona war das erstmal nicht möglich. Das Freiluftkino hat dann guten Anklang gefunden, etwa 1.000 Personen waren dabei und so wollten wir die Gelegenheit nutzen und die Menschen auf die schreckliche Lage an den europäischen Außengrenzen aufmerksam machen. Uns geht es hier in Deutschland sehr gut. Und wenn sich unsere Bundesregierung nicht dazu entschließen kann, effektiv zu helfen, so muss zumindest die Zivilbevölkerung schauen, was sie tun kann. Wir freuen uns deshalb, dass insgesamt 500 Euro gespendet wurden.“

Das gespendete Geld geht nun an die griechische Organisation STAND BY ME LESVOS. Im Gegensatz zu vielen anderen Hilfsorganisationen, setzt sie auf ein Empowerment der Geflüchteten und besteht deshalb aus griechischen Freiwilligen und selbstorganisierten Flüchtlingen. Bei der Videokonferenz zur Übergabe der Spenden erklärt der Mitgründer Mixalis: „Wir wollen die Geflüchteten in die Arbeit einbinden und ihnen die Möglichkeit geben, sich selbst zu helfen. Wir leben hier gemeinsam und müssen diese Situation zusammen meistern. Ohne das Engagement der Geflüchteten wäre diese Arbeit gar nicht möglich.“ Die Organisation setzt sich vor Ort unter anderem dafür ein, dass Flüchtlinge allen Alters ihre Ausbildung verbessern und neue Fähigkeiten erlernen. Mit verschiedenen lokalen Organisationen werden weitere Projekte, wie eine Busverbindung auf der Insel, Müllsammelaktionen oder das Corona Awareness Team initiiert und organisiert. Nach dem Brand in Moria ging es auch darum möglichst vielen Menschen erst einmal einen Schlafsack oder eine andere Schlafmöglichkeit zu organisieren. Der Kontakt zu der Organisation entstand über die Initiative „Willkommen in Falkensee“.

Die Gruppe benötigt weiterhin dringend Spenden. Wenn Sie sich an der Aktion beteiligen möchten, spenden Sie bitte an:

Piraeus Bank
IBAN: GR4201727090005709086466501
SWIFT-BIC: PIRBGRAA
Bank address: P. Kountourioti 17, 81100, Mytilene, Lesvos.

Weitere Informationen finden Sie unter: https://standbymelesvos.gr/

Das Jugendforum überreicht die Spende

2019 und 2020 kamen insgesamt knapp 100.000 Geflüchtete nach Griechenland. Diese Menschen auf alle EU-Länder zu verteilen ist eigentlich die Aufgabe der Europäischen Union. Stattdessen wird momentan darüber diskutiert, wie man die Menschen schneller abschieben kann und ob Aufnahmelager außerhalb der europäischen Grenzen aus diesem Grund nicht besser geeignet seien.

vor dem Landtag in Potsdam

Im brandenburgischen Landtag hat die AfD-Fraktion am 24. September den Antrag gestellt, alle vollziehbar Ausreisepflichtigen sofort abzuschieben. Darüber hinaus solle eine Abschiebehafteinrichtung eingerichtet werden. Grund dafür war der Antrag der Fraktion DIE LINKE, die forderte, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen die Menschen möglichst schnell von Lesbos zu evakuieren und aufgrund der Bereitschaft vieler Kommunen und Länder einen Teil davon in Deutschland aufzunehmen, in Brandenburg 350 Personen über den üblichen Verteilschlüssel hinaus. Beide Anträge wurden auf der Sitzung des Landtages jedoch abgelehnt.

„Der Antrag der AfD war für uns beschämend und zeugt von der menschenverachtenden Haltung, die in der AfD herrscht.“, kommentiert Lennart Meyer vom Jugendforum. „Menschen erfahren auf der Flucht vor Krieg, Verfolgung und Hunger schlimmes Leid, ihnen wird das Recht auf Asyl verwehrt und sie werden auf engem Raum zusammengepfercht. Das geht gegen unsere Vorstellung von einem gerechten Europa. Der Antrag der AfD ist deshalb blanker Hohn. Uns ist es wichtig zu zeigen, dass die Zivilgesellschaft dem nicht zustimmt. Mit einer Aktion vor dem Landtag, bei der wir zwei Zelte nachgebaut haben, wollten wir darauf aufmerksam machen, wie katastrophal die Situation dort ist. Leider hat sich der Landtag gegen den Antrag der LINKEN ausgesprochen. Deutschland muss seine Verantwortung in Europa wahrnehmen und als Vorbild voran gehen.“

Stand By Me Lesvos

Ende September hat sich die Bundesregierung nach langen Diskussionen und erst nach dem Brand dazu bereit erklärt, knapp 2000 Menschen aus Griechenland aufzunehmen. Am 30. September landeten 139 Geflüchtete in Hannover. Was mit den Menschen passiert, die weiter in Griechenland ausharren ist nicht geklärt. Und auch an auf der Balkanroute stauen sich die Menschen an der Grenze nach Kroatien und in überfüllten Lagern. Strenge Polizeikontrollen und ein sofortiges Zurückdrängen nach Bosnien-Herzegowina machen die weitere Flucht unmöglich. Mit dem nahenden Wintereinbruch wird die Lage dort wahrscheinlich noch dramatischer.